Hönigswald, Richard

Lebensdaten
1875 – 1947
Geburtsort
Ungarisch-Altenburg
Sterbeort
New Haven (Connecticut, USA)
Beruf/Funktion
Philosoph ; Arzt ; Hochschullehrer
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118552082 | OGND | VIAF: 29658459
Namensvarianten

  • Hönigswald, Richard
  • Hönigswald, Richard
  • Hoenigswald, Richard
  • Hönigswald, R.
  • Königswald, Richard
  • Cönigswald, Richard

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Zitierweise

Hönigswald, Richard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118552082.html [26.12.2024].

CC0

  • Hönigswald, Richard

    Philosoph, * 18.7.1875 Ungarisch-Altenburg, 11.7.1947 New Haven (Connecticut, USA). (evangelisch)

  • Genealogie

    V Heinrich (1842–1909), Dr. med., prakt. Arzt, S d. Joseph u. d. Therese Reiner;
    M Marie (1844–1910), T d. Philipp Goldberg in Komorn u. d. Ernestine Pollack;
    1) 1914 Gertrud Grunwald ( 1921), 2) 1930 Hilda Bohn;
    1 S aus 1) Heinrich (* 1915), Prof. d. Linguistik in Philadelphia, 2 T aus 2).

  • Biographie

    H. studierte Medizin in Wien (doctor medicinae 1902) und Philosophie bei A. Meinong in Graz und bei A. Riehl in Halle (Dr. phil. 1904, Dissertation: Über die Lehre Hume's von der Realität der Außendinge). 1906 habilitierte er sich in Breslau (Habilitationsschrift: Beiträge zur Erkenntnistheorie und Methodenlehre) und wurde dort 1916 außerordentlicher und 1919 ordentlicher Professor der Philosophie. 1930 kam er in gleicher Stellung nach München. 1933 wurde er wegen seiner jüdischen Abstammung seines Lehrstuhls beraubt, 1938 im Konzentrationslager Dachau inhaftiert. 1939 emigrierte er über die Schweiz in die Vereinigten Staaten und lebte, auch hier seine wissenschaftliche Arbeit unermüdlich fortführend, in New York.

    H. ist Kantianer. Die philosophische Grundlehre Kants ist die Konstante im Fortgang seines Denkens. Während die neukantianischen Schulen in freien Konstruktionen über Kant hinausstreben, sieht H. sich durch eigene Fragestellungen immer wieder gedrängt, die entscheidenden Mittel zu ihrer Beantwortung der Philosophie Kants zu entnehmen (Immanuel Kant, Festrede, 1924). Die Entwicklung der Philosophie H.s läßt sich nach Problemschwerpunkten in fünf Phasen gliedern: Wissenschaftstheorie (bis 1912), Denkpsychologie (1913–26), Geltungstheorie (1926–33), Sprachphilosophie (1934–39) und systemtheoretischer Abschluß. Die systematische Denkarbeit wird in allen Phasen durch problemgeschichtliche Forschungen unterstützt, vermittels deren H. die Tradition für den Ausbau der eigenen Grundlehre nutzt. Neben Kant werden bestimmend Galilei, Hobbes, Leibniz, Hegel, vor allem aber die Auseinandersetzung mit Aristoteles („Philosophie des Altertums“, 1917, 1924) und dem mittelalterlichen Aristotelismus.

    H. beginnt seinen philosophischen Weg nicht wie verwandte Theoretiker mit einem Systemprogramm. Phase I steht von der Erstlingsarbeit des Medizinstudenten, „Zum Begriff der ‚exacten Naturwissenschaft‘“ (1899, revidierte Ausgabe 1900), an im Zeichen „Wissenschaftlicher Grundfragen“ (Titel einer von H. seit 1924 herausgegebenen Reihe). Die neukantianischen Wissenschaftslogiken (Natorp, der frühe Cassirer, Rickert) begründeten keine durch den kritischen Erfahrungsbegriff orientierte Differenzierung von Mathematik, exakter Naturwissenschaft, Biologie und Geschichte. In Phase II führt der Versuch einer Grundlegung der Psychologie zu einem neuen Begriff des konkreten Subjekts, das H. in Anlehnung an Leibniz als Monade kennzeichnet. In der Konzeption der Denkpsychologie grenzt er seine Grundlehre scharf vom Marburger Kritizismus Natorps und von der Phänomenologie Husserls ab. In Phase III verwertet er die Resultate seiner Subjektstheorie für eine neuartige Lehre der Geltungsdifferenzierung. Im Gegensatz zum Wissenschafts- und Kulturpositivismus der Neukantianer sucht H. das starre Nebeneinander der Geltungsformen durch eine Folgestruktur zu überwinden, die seinem Kritizismus bestimmte Hegelsche Züge einprägt. In Phase IV ergänzt H. die Theorie des Einzelsubjekts durch eine Lehre von der Intersubjektivität, die er als Sprache bestimmt. H.s Theorie ersetzt die Cassirersche Auffassung von der Sprache als einer von mehreren symbolischen Formen durch einen Begriff der fundamentalen Sonderart der Sprache, die als Tatsache zugleich Prinzip ist und aller Verständigung und Überlieferung zugrunde liegt. Phase V hat neben vielfältigen philosophischen, psychologischen, pädagogischen und kulturkritischen Einzelstudien den abschließenden Ausbau der Systemtheorie in zwei großen Werken zu ihrem Inhalt: „Die Grundlagen der Allgemeinen Methodenlehre“ und „Die Systematik der Philosophie aus individueller Problemgestaltung entwickelt“. Wesentliche Erweiterungen seiner Grundlehre gelingen H. unter anderem auf dem Feld der Kunstphilosophie vermittels einer Aktualisierung der „Kritik der ästhetischen Urteilskraft“. Seit 1957 werden die Schriften dieses letzten Lebensabschnitts in einer Bandreihe vom Hönigswald-Archiv herausgegeben. Dank ihrer Aufgeschlossenheit für Probleme der positiven Theorie gewann H.s Philosophie Einfluß auf Sprachwissenschaft und Phonetik (E. Zwirner, E. Koschmieder), auf Pädagogik (M. Löwi, A. Petzelt), in erster Linie aber auf die fundamentalphilosophische Forschung, soweit diese im Ausgang von Kant Fragen der Faktizität des Subjekts behandelte (B. Bauch, Th. Litt, W. Cramer, H. Wagner, M. Brelage).

  • Werke

    Weitere W u. a. Vom allg. System d. Wiss., 1906;
    Zum Streit üb. d. Grundlagen d. Math., 1912;
    Zur Wiss.theorie u. -
    systematik, 1912;
    Prinzipienfragen d. Denkpsychol., 1913;
    Stud. z. Theorie päd. Grundbegriffe, 1913, Neudr. 1966;
    Die Skepsis in Philos. u. Wiss., 1914;
    Über d. Grundlagen d. Päd., 1918, ²1927;
    Grundlagen d. Denkpsychol., 1921, ²1925, Neudr. 1965;
    Die Philos. v. d. Renaissance bis Kant, 1923;
    Vom Problem d. Rhythmus, 1926;
    Grundfragen d. Erkenntnistheorie, 1931;
    Systemat. Selbstdarst., 1931, 1933;
    Gesch. d. Erkenntnistheorie, 1933;
    Philos. u. Sprache, 1937;
    Über Philos. als Wiss. v. d. Sprache, 1937;
    Denker d. ital. Renaissance, 1938. -
    Schrr. aus d. Nachlaß, hrsg. i. A. d. Hönigswald-Archivs unter Leitung v. H. Wagner: Vom erkenntnistheoret. Gehalt alter Schöpfungserzz., 1957;
    Analysen u. Probleme, 1959;
    Wiss. u. Kunst, 1961;
    Grundprobleme d. Wiss.lehre, 1965;
    Philos. u. Kultur, 1967;
    Die Grundlagen d. allg. Methodenlehre I, 1969, II, 1970;
    Die Systematik d. Philos. aus individueller Problemgestaltung entwickelt (in Vorbereitung). - Altenburg (Autobiogr., unveröff.); Wiss. Nachlaß
    im Hönigswald-Archiv d. Univ. Bonn.

  • Literatur

    S. Marck, Die Dialektik in d. Philos. d. Gegenwart, 2. Halbbd., 1931;
    G. Wolandt, Problemgesch., Weltentstehungsmythos u. Glaube in d. Philos. R. H.s, in: Zs. f. phil. Forschung 12, 1958;
    ders., Gegenständlichkeit u. Gliederung, Unterss. z. Prinzipientheorie R. H.s, 1964;
    M. Brelage, Stud. z. Transzendentalphilos., 1965;
    E. Hufnagel, Zum Problem d. Prinzipienwiss., in: Zs. f. phil. Forschung 23, 1969;
    The Enc. of Philos. 4, 1967;
    Phil. Wb., 181969;
    Ziegenfuß;
    G. Wolandt, Idealismus u. Faktizität, 1971.

  • Autor/in

    Gerd Wolandt
  • Zitierweise

    Wolandt, Gerd, "Hönigswald, Richard" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 345-346 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118552082.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

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