Lavant, Christine
- Lebensdaten
- 1915 – 1973
- Geburtsort
- Groß-Edling bei Sankt Stefan im Lavanttal (Kärnten)
- Sterbeort
- Wolfsberg im Lavanttal
- Beruf/Funktion
- Lyrikerin ; Schriftstellerin ; Stickerin
- Konfession
- katholisch
- Normdaten
- GND: 118570285 | OGND | VIAF: 4945222
- Namensvarianten
-
- Habernig, Christine (verheiratete)
- Thonhauser, Christine (geborene)
- Lavant, Christine
- Habernig, Christine (verheiratete)
- habernig, christine
- Thonhauser, Christine (geborene)
- thonhauser, christine
- Habernig, Christl
- Habernig-Thonhauser, Christine
- Lavanti, K'ristine
- Thonhauser-Habernig, Christine
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Lavant (eigentlich Habernig), Christine, geborene Thonhauser
Lyrikerin, * 4.7.1915 Groß-Edling bei Sankt Stefan im Lavanttal (Kärnten), † 7.6.1973 Wolfsberg im Lavanttal. (katholisch)
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Genealogie
V Georg Thonhauser (1866–1937), aus St. Georgen Im Lavanttal, Maurer im Bergwerk;
M Anna Hans (1876–1938); 8 Geschw.;
- ⚭ Wolfsberg 1939 →Josef Habernig (1879–1964), Maler. -
Biographie
L. war das 9. Kind von Eltern, die zeitlebens mit der Not zu kämpfen hatten. Das schwächliche, skrofulöse Mädchen besuchte mit vielen Unterbrechungen sieben Jahre die dreiklassige Volksschule in St. Stefan, ein Jahr die Hauptschule in Wolfsberg. Einen Eindruck von der Armut und Enge des familiären Schutzraumes und von den Ängsten des ausgesonderten Spital- und Schulkindes geben die autobiographischen Erzählungen „Das Kind“ (1948) und „Das Krüglein“ (1949). L. sah schlecht und hörte schwer; Lungenentzündungen, Asthma, Kopfschmerzen und Depressionen suchten sie lebenslang heim. Die Ehe mit einem 36 Jahre älteren ehemaligen Gutsbesitzer mehrte ihre Lasten und minderte ihre Einsamkeit nicht; jahrelang hat sie sich und ihren Mann durch Stricken ernährt. Gelesen hat sie, was sie bekommen konnte, und „schon immer“ geschrieben. Entscheidenden Anstoß erhielt sie 1940 durch Rilkes Gedichte; ihr erster Gedichtband „Die unvollendete Liebe“ (1959) zeigt diesen Einfluß. L.s Erzählungen, die poetisch gesteigerten aus „Baruscha“ (1952) und die naturalistischen aus „Nell“ (veröff. 1962), stellen sanfte und wilde Sonderlinge, meist aus dem ländlichen Proletariat, in ihrer Armseligkeit und Würde vor. – Alle epigonalen und regionalen Schranken durchbricht L.s Lyrik in der unlebbaren Liebe zu einem Künstler: 1951 entstehen seine Lavant-Bildnisse und über viele Jahre hinweg ihre „Hungerlieder“ in den Bänden „Die Bettlerschale“ (1956), „Spindel im Mond“ (1959) und „Der Pfauenschrei“ (1962). Es sind Anrufe, Expressionen, Visionen in einer singulären Bildersprache. Sie nährt sich aus Anschauungen der Dorfwelt und nutzt den Fundus von Bibel und naturmagischer Poesie. Sie holt überraschendes Leben aus alten Metaphern und erzeugt ständig neue: Wörter wie Apfelbitte, Nägelnest, Brunnenherd … sind nur die kürzeste Form befremdlicher Verknüpfungen vertrauter Elemente. Die streng gebauten Gedichte entfalten in immer neuen Formen die Innenwelt eines unbändigen Ich im Horizont von „Gott“, dem unzugänglichen absoluten Du. In rastlosem Schwanken zwischen Extremen zeigt sich die Intensität des Ich: fromm und dämonisch, zaubernd und verzaubert, hingebend und fordernd, zart und wüst. Die „Lästergebete“ (L. v. Ficker) sind als christlich oder christlichen Glauben sprengend gedeutet worden, aber ihre Ambivalenz entzieht sie solchen Zuweisungen. Christliches, in der Form ländlich-katholischer Frömmigkeit samt ihren heidnischen Einschlüssen, ist Wurzelboden, nicht Botschaft dieser Dichtung, die von den zerstörerischen und schöpferischen Kräften der menschlichen Seele zeugt. Die Gedichte, nach eigener Aussage weithin über Halb- und Wachträume entstanden, lassen sich als spontan surrealistisch kennzeichnen; es gibt Verwandtes bei Lasker-Schüler, Trakl und Celan. – Literaturpreise und Ehrungen bringen den Namen der zurückgezogen lebenden Dichterin an die Öffentlichkeit; ein Ehrensold befreit sie in den 50er Jahren von der Alltagssorge. 1966 übersiedelt L. in ein Klagenfurter Hochhaus, kehrt aber bald heimwehkrank zurück. In der Nähe von Verwandten und in Brief- und Besuchskontakt mit Freunden lebt sie abwechselnd allein in St. Stefan oder im Wolfsberger Pflegeheim. – Lyrikpreis d. Neuen Dt. Hh. (1956), Trakl-Preis (1954 u. 1964), Anton Wildgans-Preis (1964), Gr. österr. Staatspreis (1970); Mitgl. d. Ak. d. Wiss. u. d. Lit. zu Mainz.
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Werke
Weitere W u. a. Die Rosenkugel, Erz., 1956;
Sonnenvogel, Gedichte, 1960;
Wirf ab d. Lehm, Gedichte u. Erzz., eingel. u. ausgew. v. Wieland Schmied, 1961;
Hälfte d. Herzens, Gedichte, 1967;
Gedichte, hrsg. u. mit e. Nachwort versehen v. G. Lübbe-Grothues, 1972;
Kunst wie meine ist nur verstümmeltes Leben, Nachgelassene u. verstreut veröff. Gedichte - Prosa - Briefe, ausgew. u. hrsg. v. A. Wigotschnig n. J. Strutz, 1978. -
Literatur
Für Ch. L., Sonderausg. d. Schrr.-R. Kontur, hrsg. v. H. Kuchling, 1965 (P v. W. Berg);
Steige, steige, verwunschene Kraft, Erinnerungen an Ch. L., 1978 (P);
J. Strutz, Poetik u. Existenzproblematik, Zur Lyrik Ch. L.s, 1979 (W-Verz., L, Ausw. d. Besprechungen);
M. Kriźman, Besedni zaklad in sintaksa v gramatični podobi in s stilistično funkcijo v pesniskem opusu Ch. L., 1978;
P. Schulze Belli, Sul linguaggio poetico di Ch. L., Parte prima: Analisi statisticolessicale, in: Filologia moderna 3, 1978;
Index z. Ch. L.s Dichtungen, 1980;
W. Nehring, Zur Wandlung d. lyr. Bildes b. Ch. L., in: Modern Austrian Literature 12, 3/4, 1979;
ders., Ch. L., in: K. Weissenberger (Hrsg.), Die dt. Lyrik v. 1945–75, 1981, S. 119-30;
G. Lübbe-Grothues, Schlange -Schlüssel - Schlüsselschlange, Zu d. Substantiven u. deren Kompositionen in d. Gedichtsprache Ch. L.s, in: Unterss. zum „Brenner“, Festschr. f. I. Zangerle, hrsg. v. W. Methlagl, E. Sauermann u. S. P. Scheichl, 1981;
dies., Ch. L.s „Hungerlieder“, in: Neue Dt. Hh. 177, 1983. -
Autor/in
Grete Lübbe-Grothues -
Zitierweise
Lübbe-Grothues, Grete, "Lavant, Christine" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 744 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118570285.html#ndbcontent